Sollte gegen Sie ein Verfahren geführt werden, haben Sie das Recht, sich von einem Anwalt verteidigen, also beraten und vertreten zu lassen.
In bestimmten Fällen sieht das Gesetz vor, dass Ihnen dieser Verteidiger vom Staat gestellt wird, um eine Chancengleichheit zwischen Anklage und Verteidigung zu gewährleisten.
Diese Stellung eines sogenannten Pflichtverteidigers ist unabhängig von den persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und erfolgt, wenn sie laut der Strafprozessordnung notwendig ist, z.B. bei Verfahren vor dem Landgericht oder Oberlandesgericht, wenn ein Berufsverbot droht oder sich der Beschuldigte in U-Haft befindet.
Die Bestellung eines Verteidigers durch das Gericht bedeutet jedoch nicht, dass man sich seinen Verteidiger nicht selbst aussuchen darf. Wenn man einen Anwalt benennen kann, von dem man verteidigt werden möchte und dieser dazu auch bereit ist, so wird er vom Gericht als Pflichtverteidiger bestellt.
Vorladung / Anhörungsbogen
Sollte ein Ermittlungsverfahren gegen Sie geführt werden, erhalten Sie in der Regel einen Anhörungsbogen mit der Aufforderung, sich entweder bei einer Polizeiwache oder schriftlich zu den Ihnen gemachten Vorwürfen zu äußern.
Sie erhalten eine solche Aufforderung nur, wenn die Ermittlungsbehörden davon ausgehen, dass aufgrund bestimmter Umstände zumindest ein Anfangsverdacht gegen Sie besteht. Nehmen Sie eine solche Aufforderung deswegen ernst.
Als Beschuldigter sind Sie nicht verpflichtet vor der Polizei zu erscheinen. Sie haben das Recht, zu schweigen und das Recht, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Machen Sie davon Gebrauch.
Sollte Sie allerdings eine Vorladung von der Staatsanwaltschaft erhalten haben, sind Sie verpflichtet, dort zu erscheinen. Aber auch hier haben Sie das Recht, zu schweigen und das Recht, sich vertreten zu lassen.
Sollten Sie durch eine Vorladung oder durch einen Anhörungsbogen davon Kenntnis erlangen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Sie geführt wird, sollten Sie einen Anwalt einschalten und Sich beraten lassen. Einige Vorwürfe lassen sich bereits im Ermittlungsverfahren entkräften. Jedoch erhält nur Ihr Anwalt Einsicht in die Ermittlungsakte und kann Sie so umfassend beraten und vertreten.
Strafbefehl
Der Strafbefehl ist ein vereinfachtes Verfahren im Bereich der leichten Kriminalität. Durch den Strafbefehl kann eine rechtskräftige Verurteilung ohne öffentliches mündliches Verfahren herbeigeführt werden, d.h. der Richter entscheidet nach Aktenlage, ob er Sie für schuldig hält und welche Strafe ihm angemessen erscheint.
Die angedrohte Straffolge eines Strafbefehls wird rechtskräftig, wenn Sie nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Zustellung form- und fristgerecht Einspruch beim zulässigen Gericht einlegen. Sollten Sie diese Frist versäumen, haben Sie kaum noch Möglichkeiten, gegen die Straffolge vorzugehen. Eine Ausnahme hiervon ist der Fall, dass Sie die Versäumung der Frist nicht zu vertreten haben.
Ein form- und fristgerechter Einspruch führt dann zu einer Hauptverhandlung mit mündlichen Verhandlungsterminen.
Ihr Anwalt kann auch hier Akteneinsicht beantragen und prüfen, inwieweit die erhobenen Vorwürfe berechtigt und nachweisbar sind. Sollte sich ein Einspruch nach Prüfung der Akte als nicht erfolgversprechend erweisen, so kann er bis zum Termin der Hauptverhandlung zurückgenommen werden.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, den Einspruch lediglich auf die Höhe der Strafe zu beschränken. Hierzu kann dann in der Hauptverhandlung vorgetragen werden.
Anklage
Nach Abschluss der Ermittlung erhebt die Staatsanwaltschaft Klage beim zuständigen Gericht, indem sie dort eine Anklageschrift einreicht. Diese wird auch dem Angeklagten zugestellt. In der Anklageschrift wird der Vorwurf, der dem Angeklagten gemacht wird, konkret aufgeführt.
Lesen Sie die Anklageschrift sorgfältig. Unter Umständen werden Sie aufgefordert einen Rechtsanwalt zu benennen, der Sie als Pflichtverteidiger vertreten soll. In der Regel ist die hierfür gesetzte Frist recht kurz. Auch wenn Sie eine solche Aufforderung nicht erhalten haben, sollten Sie in Erwägung ziehen, einen Anwalt zu beauftragen. Dies ist zwar mit Kosten verbunden, jedoch wird nur ein Anwalt nach erfolgter Akteneinsicht richtig einschätzen können, welche Verteidigung am erfolgversprechendsten ist.
Auch werden Sie aufgefordert, Einwendungen gegen die Eröffnung der Hauptverhandlung vorzubringen und / oder Beweiserhebungen zu beantragen. Auch hier ist die Frist recht kurz, so dass Sie Ihren Anwalt so schnell wie möglich aufsuchen sollten.
Auf jeden Fall sollten Sie, sofern Sie förmlich geladen wurden, den Termin zur Hauptverhandlung wahrnehmen, da Ihnen sonst Sanktionen bis hin zum Erlass einen Haftbefehls drohen können.
Strafverfahren
Das Strafverfahren lässt sich grob in vier Abschnitte gliedern: Das Ermittlungsverfahren, das Hauptverfahren, das Rechtsmittelverfahren und schließlich das Vollstreckungsverfahren.
Das Ermittlungsverfahren oder Vorverfahren ist der Ausgangspunkt für jedes Straf- oder Bußgeldverfahren. Die Ermittlungsarbeiten werden in der Praxis überwiegend von der Polizei geführt. Das Ermittlungsverfahren wird durch eine Einstellung, einen Strafbefehl oder durch eine Anklage abgeschlossen.
Das Hauptverfahren ist ein öffentliches Verfahren vor Gericht, bei dem beide Seiten, der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, ihre Positionen vortragen können, Beweise gesichtet werden, Zeugen gehört werden und das Gericht am Ende in der Regel ein Urteil fällt.
Sofern gegen das Urteil Rechtsmittel (Berufung und/oder Revision) möglich sind, können noch eine oder weitere Verhandlungen folgen. In diesen Berufungs- oder Revisionsverfahren können die vorangegangen Urteile angegriffen und überprüft werden.
Sollte es schließlich zu einer Verurteilung gekommen sein, so werden die Rechtsfolgen dieses Urteils wie Geld- oder Haftstrafen oder auch Bewährungsauflagen im Vollstreckungsverfahren vollstreckt.
In allen Abschnitten des Strafverfahrens haben Sie das Recht, sich von einem Anwalt beraten bzw. vertreten zu lassen.
Haftbefehl
Der häufigste Haftbefehl ist der Untersuchungshaftbefehl. Dieser dient lediglich der Sicherung des Strafverfahrens und kann schon vor dem Beginn der Hauptverhandlung gegen Sie erlassen werden, also bevor eine Verurteilung überhaupt stattgefunden hat. Deswegen ist die sogenannte U-Haft auch an besonders strenge Anforderungen geknüpft. Neben dem dringenden Tatverdacht müssen auch noch besondere Haftgründe, wie z.B. Fluchtgefahr, bestehen.
Sollten Sie zur Hauptverhandlung nicht erscheinen, kann ebenfalls ein Haftbefehl gegen Sie erlassen werden, um die Weiterführung und Beendigung des Verfahrens zu sichern.
Gegen einen Haftbefehl kann im Rahmen eines Haftprüfungstermins unter Umständen die Aussetzung gegen Auflagen oder auch die Aufhebung erreicht werden. Außerdem kann der Haftbefehl durch eine schriftliche Haftbeschwerde einem höheren Gericht zur Überprüfung vorgelegt werden.
Laut Strafprozessordnung ist einem Beschuldigten in U-Haft zwingend ein Pflichtverteidiger zuzuordnen, sofern er noch nicht anwaltlich vertreten ist. Fordern Sie dieses Recht unbedingt ein.
Hausdurchsuchungen
Durch eine Hausdurchsuchung findet ein besonders schwerer Eingriff in Ihre Grundrechte statt. Aus diesem Grund kann sie auch grundsätzlich nur vorgenommen werden, wenn sie durch einen richterlichen Beschluss angeordnet wurde. Bei Gefahr im Verzug kann jedoch auch auf diesen Beschluss vorläufig verzichtet werden.
Lassen Sie sich diesen Beschluss unbedingt vorlegen und prüfen Sie ihn sorgfältig, achten Sie auch darauf, ob der Beschluss auf bestimmte Räume beschränkt ist, dies gilt insbesondere für Wohngemeinschaften. Sind Sie nicht selbst der Beschuldigte in dem Ermittlungsverfahren, muss in dem Beschluss konkret bezeichnet sein, was gesucht wird und warum man glaubt, es bei Ihnen finden zu können.
Verlangen Sie eine Kopie des Durchsuchungsbeschlusses und lassen Sie sich unbedingt auch eine Abschrift der Durchsuchungsbescheinigung und, falls etwas beschlagnahmt wurde, des Beschlagnahmeverzeichnisses geben.
Für die Durchsuchung von Papieren gelten besondere Regelungen. Sofern nicht ausdrücklich angeordnet, dürfen Papiere nur vom zuständigen Staatsanwalt durchgesehen werden.
Grundsätzlich sind Durchsuchungen nur zu bestimmten Zeiten gestattet. Während des Sommers (01.04. – 30.09.) von 04:00 Uhr – 21:00 Uhr und im Winter (01.10. – 31.03.) von 06:00 Uhr – 21:00 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist einen Durchsuchung nur zulässig, wenn besondere Umstände vorliegen.
Da auch sogenannte Zufallsfunde (Sachen nach denen laut Durchsuchungsbeschluss gar nicht gesucht wurde), die während der Durchsuchung gemacht wurden, verwertet werden dürfen, ist genau darauf zu achten, dass bei der Durchsuchung die Grenzen des Beschlusses auch nicht überschritten werden.
Die Möglichkeiten, sich während einer Durchsuchung gegen eine solche zur Wehr zu setzen, sind recht beschränkt. Seien Sie deshalb, auch wenn es schwer fällt, kooperativ und ziehen Ihren Anwalt zur Unterstützung hinzu. Achten Sie auch darauf, dass die durchsuchenden Beamten die ohnehin stressige Situation nicht ausnutzen, um Sie zu verhören. Führen Sie nur die notwendigen Gespräche und schweigen Sie ansonsten.
Betäubungsmittel-Straftaten
Betäubungsmittelstraftaten sind Handlungen, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen. Neben der Definition von Betäubungsmitteln werden die Herstellung, das Inverkehrbringen sowie die Ein- und Ausfuhr von Betäubungsmitteln geregelt.
Für die Rechtsfolgen des Betäubungsmittelgesetzes ist in erster Linie die aufgefundene Menge entscheidend. Es werden hier grundsätzlich drei Mengenbegriffe unterschieden:
- geringe Menge
- Normalmenge
- nicht geringe Menge
Entscheidend für die Beurteilung der Menge ist vor allem der Wirkstoffgehalt des jeweiligen Betäubungsmittels. Ein Absehen von der Verfolgung ist nur möglich, wenn sich die Tat auf eine geringe Menge bezieht, welche gänzlich für den Eigenverbrauch bestimmt ist. Bei dieser Menge kann auf eine Verfolgung verzichtet werden, eine grundsätzliche Straflosigkeit besteht jedoch nicht.
Was eine geringe Menge ist, ist jedoch nicht einheitlich bestimmt, sondern von Bundesland zu Bundesland verschieden.
Jugendstrafrecht
Das Jugendstrafrecht ist ein besonderes Straf- und Strafprozessrecht, das sich an Jugendliche (14-17 Jahre) und Heranwachsende (18-21 Jahre) wendet.
Während für Jugendliche immer das Jugendstrafrecht angewendet wird, ist dies bei Heranwachsenden nur dann der Fall, wenn nicht der Gesamteindruck ihrer Persönlichkeit ergibt, dass sie einem Erwachsenen gleichgestellt sind.
Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht steht im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Somit stehen dem Gericht auch deutlich mehr Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung als im Erwachsenenstrafrecht. Während dort nur die Wahl zwischen Geld- und Freiheitsstrafe besteht, kann im Jugendstrafrecht aus drei Gruppen von Sanktionsmitteln gewählt werden: Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe. Oftmals werden dann Arbeitsstunden, Anti-Aggressionskurse oder verschiedene Formen der Schadenswiedergutmachung angeordnet. Bei wiederholter Straffälligkeit kann allerdings auch Jugendarrest bis zu vier Wochen verhängt werden. Jedoch ist bei schwerer Kriminalität auch eine Haftstrafe möglich. Außerdem kann auch noch nach Einleitung des Strafverfahrens von der Verfolgung abgesehen werden oder das Verfahren, meist nach einer Ermahnung, ganz eingestellt werden. Gerade im Jugendstrafverfahren besteht oftmals die Möglichkeit, dass Verfahren ohne Durchführung einer belastenden Gerichtsverhandlung zu beenden.
Ansonsten gleicht das Verfahren im Jugendstrafrecht dem im Erwachsenenstrafrecht. Den Jugendlichen oder Heranwachsenden stehen die selben Prozessrechten wie einem Erwachsenen zu.
Im Jugendstrafverfahren ist jedoch zusätzlich noch die Teilnahme der Jugendgerichtshilfe als Unterstützung für die Jugendlichen oder Heranwachsenden vorgesehen.